Schutz- und Leittechnik
Innovative Konzepte zur Wahrung der Versorgungssicherheit im Zuge der Energiewende
Die Schutz- und Leittechnik ist für einen zuverlässigen und sicheren Betrieb elektrischer Netze unverzichtbar. Zukünftige dekarbonisierte Netzstrukturen werden die Anforderungen an die Systemführung weiter erhöhen. Daher ist dieses Fachgebiet fest in den Forschungsschwerpunkten des Lehrstuhls verankert und wird hier durch drei Forschungsgebiete repräsentiert.
Fachgruppen der Schutz- und Leittechnik
In den elektrischen Versorgungsnetzen der Zukunft ist eine sehr hohe Bandbreite an unterschiedlich gearteten Betriebs- und Störungszuständen zu erwarten. Diese sind mit deterministischen Verfahren der Schutz- und Leittechnik immer weniger zuverlässig zu beherrschen.
Das Forschungsgebiet Artificial Intelligence – Protection befasst sich mit der Anwendung von Mustererkennungsverfahren in der Schutz- und Leittechnik basierend auf Methoden des „Deep Learning“. Dabei stehen die Erzeugung von Trainingsdaten im EMT-Bereich auf parallelen Rechnerstrukturen für das „supervised Learning“ sowie die Entwicklung geeignet trainierter und entscheidungsfähiger AI-Schutzsystem im Vordergrund. Umfangreiche Labor- und Feldtests in realen Netzen unterstützen diese Arbeiten und belegen eine hohe Funktionalität und Flexibilität von AI-Protection.
Dekarbonisierte Netze sind auf Stromrichter technologisch angewiesen. Daher werden Stromrichter die Netze der Zukunft entscheidend prägen. Die Ziele dieses Forschungsgebietes liegen in der Entwicklung neuer Lösungsansätze der Schutz- und Leittechnik in stromrichtergespeisten Netzen.
Durch die enge Verzahnung des Netzschutzes und der Regelungssysteme der Stromrichter können wichtige Synergien generiert werden. Daraus entstehen neue modellbasierte Netzschutzverfahren für stromrichterdominierte Netzstrukturen. Die sogenannte „setting-less-protection“-Methode wird vom Betriebsmittelschutz zum Netzschutz fortentwickelt und dessen Funktionalität und Flexibilität durch den Einsatz von Kalman-Filter als Netzzustandsschätzer (Fehlererkennung) sowie als Netzparameterschätzer (Fehlerortung) verbessert. Labortests der neuen Verfahren in unserem RTDS-Echtzeitsimulationslabor zeigen deren auf Stromrichternetze abgestimmtes Schutzverhalten.
Der Adaptivschutz generiert neue Schutzdaten auf Basis des aktuellen Netzzustandes und setzt diese in eine neue Schutzfunktionalität um. Der neue Algorithmus muss simulativ verifiziert werden. Dazu ist eine für Schutzuntersuchungen geeignete Systemmodellierung des Netzes und des Schutzes notwendig. Sollen mehrere Schutzgeräte koordiniert zusammenarbeiten, werden die Schutzmodelle um sogenannte vernetzte Adaptivschutzfunktionen erweitert.
Zeigt die Verifikation nur unzureichende Ergebnisse, werden Optimierungsalgorithmen deterministischer oder heuristischer Art eingesetzt, um das Schutzverhalten zu verbessern. Der Mehrwert des Adaptivschutzes gegenüber bestehenden Schutzsystemen bei häufigen Netztopologieänderungen untermauert dessen hohes Potential für den Einsatz in zukünftigen Netzen.