Artikel BR24: Super-Steine und Sonne aus Nürnberg für klimafreundliches Wohnen
Derzeit steigen die Energiepreise. Doch für Annabella Konrath und ihre vierköpfige Familie in Herzogenaurach (Lkr. Erlangen-Höchstadt) ist das aktuell noch kein Thema. Seit vier Jahren wohnen sie in einem sogenannten Energiespeicherhaus, das Forscher aus Nürnberg entwickelt haben. "Wir fühlen uns extrem wohl", sagt Annabella Konrath. "Das Klima im Haus, die Wärmeregulierung und die passive Kühlung im Sommer sind sehr angenehm." Und die Familie spart viel Geld: Rund 250 Euro zahlen die Konraths pro Jahr für die Beheizung des Gebäudes. Das ist vergleichsweise wenig Geld für ein Haus mit rund 150 Quadratmeter Fläche.
Vorzeigeprojekt des EnergieCampus Nürnberg
Für Heizung und warmes Wasser wird viel Energie aufgewendet. Die privaten Haushalte sind in Deutschland für rund zehn Prozent des CO2-Ausstoßes verantwortlich. Bei diesem Wert ist aber noch nicht der Strom dabei, der aus der heimischen Steckdose kommt. Durch klimafreundliches Bauen kann viel CO2 eingespart werden. Die Technischen Hochschule Nürnberg hat dazu das Forschungsprojekt in Herzogenaurach auf den Weg gebracht.
Autarke Versorgung an zwei von drei Tagen
Von außen fallen die acht Reihenhäuser in dem Neubaugebiet oberhalb des Städtchens nicht sonderlich auf: Satteldach, die Wände weiß verputzt und kleine Vorgärten. Die Technik, die für die extrem niedrigen Heizkosten sorgt, steht im Keller. Beheizt werden die Häuser mit Erdwärme, erläutert Professor Arno Dentel, Leiter des Forschungsbereichs Energieeffiziente Systeme der Gebäudetechnik am Energie Campus Nürnberg. Er steht in der Energiezentale im Keller der acht Reihenhäuser, die seine Arbeitsgruppe mitentwickelt hat. Der Strom – nicht nur für die Wärmepumpen – kommt von Solarzellen auf dem Dach. "Wir kommen hier zwei Drittel des Jahres mit dem selbst erzeugten Strom aus", sagt er.
Super-Steine mit rekordverdächtiger Dämmung
Mit dem Strom werden die Häuser mit Haushaltsstrom versorgen. Im Keller stehen Batteriespeicher und zwei große Wassertanks. Die werden als Pufferspeicher aufgeheizt, wenn die Sonne scheint und wenig Energie verbraucht wird. Das alles hilft beim Energiesparen. Doch schon beim Bau haben die Forscher HighTech für die Wärmedämmung eingesetzt. Werkstofftechniker Professor Wolfgang Krcmar von der TH Nürnberg hat dafür spezielle Ziegelsteine entwickelt. Die Hohlräume der Steine sind mit dem Dämmstoff Calostat gefüllt. "Es handelt sich meiner Meinung nach um den besten Dämmstoff der Welt", sagt Krcmar. Weiter Vorteile: Er ist unbrennbar und wohngesund.
Industrie muss in Produktion der Super-Steine einsteigen
"Wir sind mit diesem Baustoff an die Grenze des technisch Möglichen gegangen", erläutert Krcmar in seinem Labor auf dem EnergieCampus in Nürnberg. Derzeit sind diese Super-Steine Spezialanfertigungen und dementsprechend teuer. Sollten sie einmal in Großserie hergestellt werden, würden die Kosten sicher sinken, sagt der Werkstofftechniker. Die Aufgabe als Forscher sei es, auszuloten was geht. Dann müsse die Industrie entscheiden, ob sie in die Produktion einsteigt.
Mehrkosten für Energiehäuser halten sich in Grenzen
Die Extrakosten für die innovative Steuertechnik und die neuartigen Baustoffe wurden den Käufern der Testhäuser nicht in Rechnung gestellt. Schließlich ist es ein Forschungsprojekt, für das es Fördermittel gibt. Doch es wurden auch viele andere Komponenten verbaut, die es schon auf dem Markt gibt. Abzüglich der Forschungskosten geht Professor Dentel davon aus, dass die Herzogenauracher Energiespeicherhäuer rund acht Prozent teurer sind als ein herkömmliches Haus.
Diese Mehrkosten haben Familie Konrath nie abgeschreckt. "Rückblickend für das, was wir alles im Haus haben, war es einfach ein megagutes Angebot", sagt Annabella Konrath. "Niemals würde ich bereuen, dass wir das Haus gekauft haben. Wir wissen, was dieses Haus für einen Wert hat."