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Rückblick: Die Wasserstoff-Veranstaltung war ein voller Erfolg

Die erste Veranstaltung im "Energiejahr" von ENERGIEregion Nürnberg e.V., Energie Campus Nürnberg und NKubator beschäftigte sich mit dem Zukunftsthema Wasserstoff. Hochkarätige Referenten beleuchteten verschiedene Perspektiven.

Moderator Dr. Alexander Buchele (EnCN) diskutierte mit Prof. Dr. Peter Wasserscheid (FAU|HI ERN, li.) und Dr. Patrick Fleischer (N-ERGIE) über die Rolle von Wasserstoff in Bayern und der Metropolregion Nürnberg. Foto: ENERGIEregion/Christian Hiemisch

Die Highlights

„Wir wollen aufzeigen, welche Bedeutung Wasserstoff für Bayern und die Metropolregion bekommt“: So hatte Simon Reichenwallner, Netzwerkmanager des ENERGIEregion Nürnberg e.V., die Aufgabe der Veranstaltung umrissen. Dass dazu online „so viele Akteure, Pioniere und Interessierte zusammengekommen sind“, freute auch Roland Weigert. In seinem Grußwort nannte der Staatssekretär im Bayerischen Ministerium für Wirtschaft und Energie als „Ziel der Bayerischen Wasserstoffstrategie: Wir wollen weltweit Maßstäbe setzen über die ganze Wertschöpfungskette. Wir wollen vielversprechende Technologien rasch zur Anwendung bringen, damit Wasserstoff eine energie- und industriepolitische Erfolgsgeschichte wird.“

Auf diesen Weg hat sich die ENERGIEregion schon vor 20 Jahren gemacht – auch beim Wasserstoff. Weshalb Prof. Dr. Peter Wasserscheid „die Rolle der Wasserstoff-Technologien von hier weit über Bayern hinausgehend“ beschrieb. Für den Wissenschaftler, unter anderem Gründungsdirektor des Helmholtz-Instituts HI ERN und Vorstand im Zentrum Wasserstoff.Bayern H2.B, ist „Wasserstoff unstrittig für die Langzeitspeicherung geeignet, wichtig für die Dekarbonisierung der Stahl- und Chemieindustrie, aber auch für große Fahrzeuge“. Dagegen mache „ein Wasserstoff -Antrieb im Fahrrad oder Rasenmäher keinen Sinn. Die Technologien stehen nicht in Konkurrenz zueinander, es gibt Anwendungsmöglichkeiten für alle“, merkte der Erlanger Uni-Professor mit Blick auf heftige Diskussionen an, ob zum Beispiel die Antriebe künftiger Automobile besser aus Batterien oder mit Wasserstoff-Brennstoffzellen stromversorgt werden.

Er sprach sich auch für den Import von Wasserstoff aus, „erzeugt mit erneuerbaren Energien, die am besten dort geerntet werden, wo wenig verbraucht wird und viel Sonne und Wind vorherrscht“. Für den Transport sei neben anderen auch die maßgeblich in Erlangen mitentwickelte LOHC-Technologie (Liquid Organic Hydrogen Carrier) bestens geeignet, so Prof. Wasserscheid.

Im folgenden Dialog stimmte Dr. Patrick Fleischer, beim nordbayerischen Energiekonzern N-ERGIE für die Strategische Unternehmensentwicklung zuständig, dem Forscher ausdrücklich zu: „Wir brauchen einen Mix der Energieformen“, legte Prof. Wasserscheid den Finger in die Wunde der Politik: „Erst seit zweieinhalb Jahren wird Wasserstoff intensiv diskutiert. Es wurde zu lange zu stark auf Erzeugung und Verbrauch geschaut, aber zu wenig auf Logistik und Speicherung. Wir müssen nun dringend die Wertschöpfungsketten schließen.“

Dr. Fleischer wiederum stellte klar: Gäbe es genügend Wasserstoff, könnte für dessen Transport die vorhandene Gas-Infrastruktur wesentlich stärker genutzt werden. „Die Leitungen an sich können mehr Wasserstoff -Beimischung vertragen als man glaubt."


Fränkisch-thüringische Energiekompetenz

Dafür gibt es ja sogar das HySon in Sonneberg im Thüringer Arm der Metropolregion Nürnberg. An diesem Institut wird laut Dominik Jankowski „die praxisnahe Anwendung von Wasserstoff -Technologien erforscht“, und zwar mit Hilfe einer dort bereits bestehenden Wasserstoff-Infrastruktur. Unter anderem werden Beschichtungsverfahren für den Wasserstoff-Transport entwickelt und geprüft – auch für bestehende Gas-Leitungssysteme beispielsweise. 

HySon ist aber nur ein Grund, warum Simon Reichenwallner die Frage, „wo steht die Metropolregion Nürnberg eigentlich bei der Wasserstoff -Technologie im Vergleich zu anderen aktuell?“, so beantwortet: „Bei der Forschungsdichte liegen wir auf Platz zwei in Deutschland.“ 13 Unis, Hochschulen und Forschungseinrichtungen seien hier aktiv, sehr viele Wasserstoff-Projekte und Modellregionen gebe es hier, und über 50 Unternehmen, die „an neuen Technologien und Lösungen für die Wasserstoffwirtschaft tüfteln“. Inzwischen habe sich hier hy+ etabliert, die „Wasserstoff-Metropolregion Nürnberg“, deren Koordinierungsstelle an der ENERGIEregion als zentrale Informationsplattform agiere. Auch für potenzielle Wasserstoff-Firmen natürlich.

Hohes Firmenengagement

MAN Energy Solutions ist ein Unternehmen, das sich bereits dem Thema „Grüner Wasserstoff“ verschrieben hat. Für Dr. Florian Gruschwitz, dort im Business Development tätig, kann Grüner Wasserstoff aber nicht nur in Gasform, sondern auch als flüssiges „E-Fuel oder Derivat“ genutzt werden. „Denn bei der Grüner Wasserstoff-Ökonomie sind drei Gruppen zu beachten: Die Produktion, der Transport und die Anwendung. Man muss die Anwendungsfälle auf groß skalieren“, nannte Gruschwitz als wesentliche Voraussetzung für jede wirtschaftliche Wasserstoff -Anwendung. Aber zuvor müsste der deutsche Rechtsrahmen für alle Power-to-X-Produkte angepasst werden, mahnte er die Politik.

Dr. Patrick Preuster vom fränkischen Helmholtz-Institut HI ERN konzentrierte sich auf die Anwendung von LOHC für künftige Schienenfahrzeuge mit Brennstoffzellen-Elektro-Antrieb. „Wir arbeiten an einem Demonstrator auf einer mobilen Plattform“: ein Güterwagen, auf den Container mit der notwendigen Peripherie gestellt werden können. Das Ziel: „Eine Rangierlok mit 300 kW elektrischem Antrieb und 150 kW zusätzlichem Leistungsbedarf zu versorgen.“ Der Einsatz der Plattform mit der Rangierlok – geplant ist er für 2023 – wird zeigen, ob die Annahmen richtig sind.

Ebenfalls 2023 soll ein elektrisch angetriebenes Kleinflugzeug in die Luft gehen, in dem ein kugelförmiger Wasserstoff-Drucktank die Versorgung einer 20-kW-Brennstoffzelle innehat. Die Entwicklung stammt von Peter Stadthalter, Geschäftsführer der PS-HyTech GmbH aus Burghaslach; er arbeitet mit Partnern aus dem Flugzeugbau und der Hochschule Würzburg-Schweinfurt zusammen. „Für Rettungsdienste, Landwirtschaft, Naturschutz“ sei der „alltagstaugliche“ Ultraleicht-Flieger gedacht.

Doch Grüner Wasserstoff sei nur ein Baustein, um den menschgemachten Klimawandel in den Griff zu bekommen. „Denn es geht um das vollständig defossilisierte Energiesystem der Zukunft.“ Prof. Wasserscheid hegt aber große Zweifel, ob es zu schaffen sei, den hiesigen CO2-Ausstoß bis 2030 auf Null zu drücken – dann sind nämlich rechnerisch die uns Deutschen eigentlich zugestandenen Treibhausgasemissionen bereits in der Luft: „Um bis 2030 fertig zu sein, hätten wir 1990 anfangen müssen.“

Dr. Alexander Buchele, Geschäftsführer des Energie Campus Nürnberg EnCN,  freut sich schon auf die nächste der Energiejahr-Veranstaltung: "Energiesysteme und Nachhaltigkeit", die im Februar 2022 stattfinden soll.

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