Projekt Fassade3 - multifunktionales Fassadenelement PV
Im Verbundprojekt Fassade³ entwickelt der EnCN mit Partnern ein modulares, vorgefertigtes Fassadenelement, das mehrere Funktionen vereint. Organische Photovoltaik dient der Stromerzeugung – hierfür werden gedruckte Dünnschichtmodule als semitransparente und farbige Elemente integriert. Ein regelbarer, selektiv beschichteter Sonnenschutz soll die Aufheizung der Räume reduzieren und gleichzeitig einen hohen Tageslichteinfall ermöglichen. Integrierte Sensorik und ein intelligentes Gesamtregelungskonzept tragen zur Energieeffizienz des gesamten Gebäudes bei.
Projektzeitraum: 2017 – 2020
Zielsetzung
Die Fassade übernimmt als Abschluss der Gebäudehülle viele Funktionen. Sie ist Gestaltungselement und Visitenkarte des Hauses. Sie dient aber vor allem als Witterungsschutz, stellt Wärme- und Schalldämmung sicher und bildet eine wichtige Voraussetzung für die Schaffung eines angenehmen Innenraumklimas. Als neue Funktion soll die Fassade zusätzlich Strom erzeugen.
Die Mehrzahl der Gebäude in Deutschland befindet sich mittlerweile in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Im Rahmen der anstehenden Sanierungsmaßnahmen bietet die Aktivierung der Gebäudehülle mit Photovoltaik (PV) in Kombination mit Wärmedämmung die Chance, eine lokale Stromerzeugung an solchen Gebäuden zu erschließen.
Im Projekt Fassade³ wird daher ein multifunktionales Fassadenelement mit hohem Vorfertigungsgrad für die energetische Sanierung von bestehenden Wohngebäuden entwickelt und in der Praxis getestet. Ein Dämmstoff auf Basis nachwachsender Rohstoffe soll die erforderliche Wärmedämmung sicherstellen. Hierdurch soll die benötigte Energie für Heizen und Kühlen gesenkt werden.
Die Projektlaufzeit ist in drei Phasen unterteilt:
- Entwicklungs- und Planungsphase
- Umsetzungsphase
- Intensivmonitoringphase.
Forschungsfragen
- Wie muss ein Stromversorgungskonzept für Fassaden mit integrierter gedruckter organischer Photovoltaik aufgebaut sein, um einen optimalen Leistungsfluss im DC-Netz zu gewährleisten?
- Welche Methoden und Verfahren sind notwendig, um eine ganzheitliche Integration eines stromerzeugenden Fassadenelementes in die Gebäudetechnik sicherzustellen?
- Wie müssen OPV Modulen weiterentwickelt werden, damit sie zum einen für den Einsatz in Fassadenelementen geeignet sind und zum anderen eine möglichst hohe Effizienz erzielen?
Beteiligte Wissenschaftler
Zwei Forschungseinrichtungen und drei Fachgebiete arbeiteten im Rahmen des EnCN in diesem Projekt zusammen.
Forschungsinhalte
Bei architektonischer Unterteilung einer Fassade in festgelegte Bereiche (Zimmer, Etagen, Fensterachsen) führt die Bestückung mit Photovoltaik zu vielen dezentralen Energieerzeugern kleiner Leistung. Für deren Integration müssen verschiedene Stromversorgungskonzepte entwickelt werden.
Forschungsgegenstand:
Ein Versuchsstand mit einer elektrisch aktiven Fassade mit gedruckter organischer Photovoltaik (OPV) wurde entwickelt und aufgebaut. Das ZAE Bayern lieferte hierfür 24 OPV-Module in Streifenform. Die aktive Modulfläche beträgt derzeit 4 m².
Mithilfe eines Raspberry Pi und dessen grafischen Benutzeroberfläche konnten verschiedene Visualisierungen und Auswertungen der Messdaten direkt im laufenden Betrieb abgerufen werden. Außerdem wurde in dem Messaufbau ein Pyranometer integriert, das vor Ort vorhandene Strahlungsleistung der Sonne erfasst.
Um negative Effekte bei Verschattungen einzelner Zellen von mehreren in Reihe verschalteter OPV Elementen zu vermeiden, wurde für den sicheren Versuchsbetrieb eine Verschaltungsplatine entworfen, die mit Bypassdioden, Stringdioden und Sicherungen bestückt ist. Der vorhandene Solarladeregler betreibt den PV Generator möglichst in seinem besten Arbeitspunkt (MPP) und speist die erzeugte Energie in einen 24 V Akku ein. Im 24 V DC Netz des Versuchsaufbaus befindet sich auch eine mehrstufige Lampenkaskade und ein Raumlüftungsgerät mit denen der Energieverbrauch für die Beleuchtung und Belüftung eines Büroraumes praxisnah simuliert werden kann. Der Aufbau wird hinsichtlich Anordnung, Verschaltung und Verkabelung der OPV-Module noch weiter optimiert.
Ansprechpartner:
Technische Hochschule Nürnberg
Fakultät Elektrotechnik/Gebäudeintegration in zukünftige Stromnetze
Prof. Dr. Günter Kießling
Keßlerplatz 12
90489 Nürnberg
Tel: +49 911 5880-1231
Email: Guenter.kiessling@th-nuernberg.de
Ziel ist die Entwicklung eines integralen Regelungskonzepts, das das Fassadenelement im Zusammenspiel mit dem Gebäude als Gesamtsystem betrachtet. Deshalb wird eine optimierte Betriebsführungsstrategie für die einzeln steuerbaren Komponenten des Fassadenelementes bzw. des dahinterliegenden Raumes erstellt.
Forschungsgegenstand:
Neben dem horizontalen, mit OPV-Modulen bestückten Sonnenschutz ist ein schaltbarer textiler Sonnenschutz im Fensterbereich vorgesehen, der den Wärmeeintrag im Sommer reduzieren soll. Dabei kann die selektive Beschichtung den Einfall von infraroter Wärmestrahlung verringern und gleichzeitig eine hohe Durchlässigkeit für sichtbares Licht gewährleisten.
Zur Steuerung des Sonnenschutzes und der Heizkörper wurde eine modellprädiktive Regelung unter Berücksichtigung einer Wetterprognose entworfen. Zuvor wurde ein Widerstands-Kapazitäten-Raummodell erstellt, bei dem die erforderlichen Parameter anhand von Mess- oder Simulationsdaten gewonnen worden. Als Schnittstelle für die Systemregelung wurde ein kostengünstiger Einstrahlungssensor weiterentwickelt und später eingesetzt.
Ergebnisse:
Es konnte eine Regelung erstellt werden, die den thermischen und visuellen Komfort für den Nutzer gewährleistet und gleichzeitig einen möglichst geringen Energieverbrauch für die Beheizung aufweist. Die Daten werden nach Installation der Modulfassade an einem mehrgeschossigen Wohnhaus mittels Intensivmonitoring überprüft.
Ansprechpartner:
Technische Hochschule Nürnberg – Institut Energie und Gebäude
Prof. Dr. Arno Dentel
Kesslerplatz 12
90489 Nürnberg
Tel: +49 911 5880-1846
Email: arno.dentel@th-nuernberg.de
Forschungsgegenstand:
Neben der Installation multifunktionaler Fassadenelemente spielt auch die Messung der resultierenden Gesamt-Energieflüsse eine wichtige Rolle. Um den Beitrag der OPV zum Energiehaushalt des Gebäudes abschätzen zu können, wurde zuerst eine Langzeitmessung der jährlichen Energieernte der Module und der sie bestimmenden Größen durchgeführt. Dazu wurden OPV-Module auf dem Dach des ZAE-Gebäudes in Erlangen installiert und an ein eigens für dieses Projekt konstruiertes Leistungsmessgerät angeschlossen.
Die eingesetzten Module basieren auf verschiedenen Technologien, die in den letzten Jahren am ZAE Bayern für die Gebäudeintegration entwickelt wurden. Die Elektroden der Module bestehen aus Indium-Zinn-Oxid bzw. Silbernanodrähten, so dass sich keine störenden Leiterbahnen im aktiven Bereich der Module befinden. Die Verschaltungszonen, die die einzelnen Zellen zum Modul verbinden, sind dank der Strukturierung mittels Laserablation nur wenige Hundert Mikrometer breit, so dass diese schon aus geringerer Entfernung nicht mehr sichtbar sind. Die nahezu beliebig einstellbare Dicke der photoelektrisch aktiven Schicht ermöglicht die gezielte Variation der Transparenz der Module.
Die OPV-Module befinden sich sowohl in opaken Bereichen der Fassade als auch in einem horizontalen Sonnenschutz aus Glas. Die mit OPV- Modulen bestückten Fassadenplatten werden von der ARMOR solar power films GmbH hergestellt. Das gestalterische und elektrische Design für den OPV-Sonnenschutz wurde gemeinsam mit dem ZAE Bayern und den Arbeitsgruppen der THN entworfen. Die in den Sonnenschutz integrierten, transparenten OPV-Module wurden vom ZAE Bayern entwickelt und in der Solarfabrik der Zukunft am EnCN hergestellt.
Ergebnis:
Zur Erprobung der Montage der Fassadenelemente sowie der mechanischen und der elektrischen Kopplung zweier Fassadenelemente wurde bereits eine Testfassade (Mock-up) in Kitzingen installiert. Dadurch können eventuelle Schwachstellen identifiziert und behoben werden.
Ansprechpartner:
ZAE Bayern
Solarfabrik der Zukunft
PD Dr. Hans-Joachim Egelhaaf
Fürther Str. 250
90429 Nürnberg
Tel: +49 911 56854 9350
Email: hans-joachim.egelhaaf@zae-bayern.de
Ausblick
Im Frühjahr 2021 soll die Elementfassade an einem mehrgeschossigen Wohngebäude im INNOPARK Kitzingen demonstriert und mit einem Monitoring begleitet werden.
Die Fassadenmodule werden über die drei Stockwerke unterschiedlich kombiniert. In den unteren beiden Geschossen werden Glasvordächer mit integrierten OPV-Streifen und die Sonnenschutzrollos angebracht. Der obere Stock erhält statt Vordächer Sonnenschutzrollos, ausgestattet mit OPV. Alle Stockwerke werden an den opaken Fassadenflächen mit OPV in vertikalen Modulen ausgestattet.
Für das wissenschaftliche Monitoring der Demonstrationsfassade wurde gemeinsam mit den Arbeitsgruppen der Technischen Hochschule Nürnberg, dem ZAE Bayern und der ACX GmbH ein Messtechnikkonzept erstellt, das die Erfassung der elektrischen und thermischen Energien sowie die Aufzeichnung von Temperaturverläufen in der Elementfassade beinhaltet. Zusätzlich sind Messungen der Temperatur, relativen Luftfeuchtigkeit und Helligkeit in den an die Fassade angrenzenden Räumen geplant. Abschließend soll der Einfluss der entwickelten Fassade auf die Energiebilanz einzelner Räume sowie auf deren Raumklima in einem Vergleich mit nicht sanierten Räumen untersucht und bewertet werden.