Spitzenlastfähige Hochtemperaturspeicher

Flexibilisierung von Kraftwerken für das Energienetz der Zukunft - Am Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik wird in Kooperation mit dem IMEET sowie der THN an technischen Lösungen für die Energiewende geforscht.

Isotherme Hochtemperaturspeicher für Einsatztemperaturen im Bereich von 800 – 900 °C auf Grundlage des CaO–CaCO3 Systems bieten höchste Speicherdichten und sind durch eine dynamische Dampferzeugung in der Lage die bestehende Kraftwerksinfrastruktur zu flexibilisieren. Im Rahmen des Energie Campus Nürnberg (EnCN) wird das Be- und Entladen des innovativen Speichers mit Hochtemperatur-Heatpipes untersucht. Projektziel ist der Proof-of-Concept in einer Pilotanlage sowie eine technische Betrachtung der Einsatzmöglichkeiten an Kraftwerksstandorten der Region.

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Prof. Dr.-Ing. Jürgen Karl

FAU Erlangen-Nürnberg / Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik (EVT)

Dynamische Carbonatspeicher mit Hochtemperatur-Heatpipes am Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik (EVT)

Als Hochtemperaturspeicher kommen vor allem thermochemische Speicher und insbesondere Carbonatspeicher in Frage. Magnesium- und Calcium-Carbonatspeicher wurden bisher besonders als Hochtemperatur-Wärmespeicher für Solarturmkraftwerke diskutiert. Die Re-Karbonierung von zuvor kalziniertem Calciumcarbonat („gebranntem Kalk“) setzt bei Temperaturen über 800°C hohe Wärmemengen frei. Allerdings erlauben Carbonatspeicher trotz einer sehr hohen Speicherdichte eine Be- und Entladung mit hoher zeitlicher Dynamik nur dann, wenn die Speicher isotherm betrieben werden. Carbonat-Speichersysteme die konventionell, also nicht isotherm betrieben werden, können aufgrund der geringen Wärmeübergangskoeffizienten im Festbett und den daraus resultierenden Wärmestromdichten nur mit geringen Lastgradienten betrieben werden und sind Speichern ohne chemische Reaktionen, wie Basaltschüttspeichern oder Formsteinspeichern, in der erreichbaren Leistungsdichte kaum überlegen.

Die vorgeschlagene Integration von Hochtemperatur-Heatpipes ermöglicht dagegen einen vollkommen isothermen Betrieb des Speichers. Aufgrund der idealen Wärmeübertragungseigenschaften von Heatpipes können weitaus höhere Wärmestromdichten realisiert werden, als mit konventionellen Speichern. Hochtemperatur-Heatpipes wurden bisher nur für den sogenannten Carbonat-Looping-Prozess erprobt. Der innovative Ansatz diese Technologie erstmals auch für die Hochtemperatur-Speicherung einzusetzen, ist Gegenstand der Arbeit am Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik.   

Hohe Leistungsdichte und dynamischer Betrieb erlaubt Anwendung zur Flexibilisierung von konventionellen Kraftwerken

Anwendung finden spitzenlastfähige Speicher besonders in der Flexibilisierung von konventionellen Kraftwerken. Diese müssen morgens und in den Abendstunden hohe Leistungen mit großen Lasttransienten bereitstellen. Insbesondere im Winter und in den Übergangszeiten steht die Einspeisung aus der Photovoltaik in ausreichendem Umfang erst für die Mittagsspitze zur Verfügung. Aufgrund des hohen Regelbedarfs werden diese Lastspitzen bis auf weiteres mit existierenden konventionellen thermischen Dampfkraftwerken zu decken sein. Während existierende Dampfturbinen dieser Kraftwerke ideal mit hoher Dynamik auf Bedarfsspitzen reagieren könnten, sind die zugehörigen Dampferzeuger für diese Aufgabe zu träge.

Die Regelfähigkeit großer Dampfkraftwerke beschränkt sich weitestgehend auf Maßnahmen zur kurzzeitigen Bereitstellung der Primär- und Sekundärregelung (z.B. nach TransmissionCode ± 2 % der Nennleistung innerhalb 30 Sekunden, beispielsweise mittels Kondensatstopp). Große Laständerungen scheitern an den großen thermischen Massen der Dampferzeuger und an den hohen Materialbeanspruchungen, die „schnelle“ Lastwechsel (± 10-15 GW in 2 Stunden) für große Dampfkraftwerke verursachen würden. Dementsprechend schnellen die Strompreise zur entsprechenden Tageszeit der Lastwechsel nach oben.

Abhilfe könnten hier Hochtemperatur-Wärmespeicher leisten, die in der Lage sind, mit hoher Dynamik Hochdruckdampf in Frischdampfleitungen und in Dampfschienen existierender thermischer Kraftwerke einzuspeisen. Wird nur die Dampfturbine mit zusätzlichem Dampf beaufschlagt, können innerhalb weniger Minuten große Laständerungen realisiert werden. Am Beispiel des Heizkraftwerks Sandreuth sollen technische Möglichkeiten für die Injektion von Dampf auf verschiedenen Temperatur- und Druckniveaus bewertet werden um kurzfristig signifikante Leistungssteigerungen im Kraftwerk zu erzielen.

Stromerzeugung und Strompreise an der Leipziger Strombörse (27.06.2018)

Dynamischer Dampferzeuger Teststand

Am Lehrstuhl für Energieverfahrenstechnik wurde im Rahmen des Projektes „Spitzenlastfähige Hochtemperaturspeicher“ ein Prototyp aufgebaut, um die dynamische Dampferzeugung mittels Hochtemperatur-Heatpipes zu untersuchen. Ende 2017 erfolgte die Inbetriebnahme und der Teststand bringt seitdem wertvolle Erfahrungen für die Konstruktion und den dynamischen Betrieb des zu errichtenden Heatpipe-Carbonatspeichers. Dieser ist die erste Anlage dieser Art im Pilotmaßstab und soll einen entscheidenden Beitrag zur Flexibilisierung von Dampfkraftwerken leisten.   

Optische Temperaturmessung (i-MEET)

Der Wärmeein- und austrag in Carbonat-Fest- und Wirbelbetten bei Temperaturen > 800 °C soll an heißen Carbonatspeichern gemessen werden. Dazu soll am Carbonatspeicher mit hoher Temperaturauflösung mittels aktiver Phosphorthermometrie in Kombination mit bildgebender Infrarot-Thermographie der Wärmestrom zwischen Heatpipes und Carbonatschüttung bestimmt werden. Die Herausforderung hierbei ist die genaue, lokal aufgelöste Messung der Temperatur, die z. B. erschwert wird durch den zeitlich und örtlich variierenden Emissionsgrad. Dazu sind entsprechende Messmethodiken und Auswertealgorithmen zu entwickeln. Der lokale Wärmefluss wird über entsprechende Simulationsmodelle im Anschluss daran berechnet. 

Mit den Experimenten soll die Erhöhung der Dynamik von Hochtemperatur-Carbonatspeichern durch eine isotherme Prozessführung verifiziert und quantifiziert werden.

Dr. Andres Osvet

FAU Erlangen-Nürnberg / Lehrstuhl für Werkstoffwissenschaften (Materialien der Elektronik und der Energietechnologie)

Optimierung der Struktur keramischer Baustoffe für elektrisch beheizte und dynamisch ausspeichernde Direktdampferzeuger (THN)

In der Arbeitsgruppe Grobkeramik der Fakultät Werkstofftechnik der TH Nürnberg Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Krcmar werden dynamische Speicher mit Direktdampferzeuger auf Basis neuer Ziegelgeometrien untersucht. 

Die wärmetechnische Optimierung der Struktur keramischer Baustoffe für elektrisch beheizte dynamisch ausspeichernde Dampferzeuger soll im Arbeitspaket 2 anhand wärmetechnischer Simulationsrechnungen durchgeführt werden. Insbesondere sollen mit Finite-Elemente-Simulationen instationäre Aufheizprozesse mit verschiedenen Formsteingeometrien untersucht und daraus thermische Spannungen abgeleitet werden. Mit konventionellen Ziegelprodukten wird die Eignung unterschiedlicher keramischer Baustoffe zur dynamischen Direktkontakt-Dampferzeugung und zur Überhitzung von Dampf in einem mit Dampf beaufschlagten Hochtemperaturofen mit unterschiedlichen aus den FE-Simulationen abgeleiteten Temperaturgradienten untersucht. Dazu werden die Materialproben mit definierten Geschwindigkeiten in den vorgeheizten Rohrofen eingebracht. Zudem werden unterschiedliche Keramiken mit typischen Zyklen beaufschlagt, um deren Zyklenstabilität zu untersuchen und zu optimieren. Für die Versuche werden geeignete Materialproben mit unterschiedlicher Materialstärke vorbereitet und automatisiert wechselnd im Rohrofen und in einer Kühlzone mit Dampf und Kaltluft beaufschlagt.
Basierend auf den FE-Simulationen und Versuchen zur Zyklenstabilität soll schließlich ein Konzept für einen Direktdampferzeuger mit einer Speicherkapazität von ca. 10 MWh erarbeitet werden.

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Jan Sebastian Hildebrand

Technische Hochschule Nürnberg, Fakultät Werkstofftechnik , insbes. Grobkeramik